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Wir brauchen eine Kultur, die Neues ermöglicht

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Wir brauchen eine Kultur, die Neues ermöglicht

Interview mit der Open Innovation Expertin Marion Poetz

Der Druck auf die Wissenschaft, in möglichst kurzer Zeit möglichst gute Ergebnisse zu liefern, steigt. Wie kann die Forschung dieser Entwicklung begegnen?

Darauf gibt es vermutlich unterschiedliche Antwortmöglichkeiten, aber eine davon geht sicher in die Richtung, dass es eine Kultur braucht, die offenen Zugang zu Neuem ermöglicht. Damit Innovationen entstehen, muss sowohl Lösungs- als auch Problemwissen bis zu einem gewissen Grad öffentlich geteilt werden. Hier setzt das Projekt Open Innovation in Science an.

Sie sprechen den offenen Zugang zu Neuem an – worauf bezieht sich das konkret in der Wissenschaft?

Dies bezieht sich einerseits auf Aspekte des wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses wie z.B. neue und disziplinübergreifende Zugänge zum aktuellen Stand der Forschung oder neue Möglichkeiten, Daten zu erheben und auszuwerten. Andererseits aber auch auf die Verwertung von wissenschaftlichen Erkenntnissen, d.h. wie aus neuem Forschungswissen Innovationen entstehen.

Ist damit Open Innovation erklärt – Unternehmen und auch WissenschaftlerInnen greifen auf Wissen aus der Bevölkerung zu?

Nein, mit dem Begriff Open Innovation wird ganz allgemein ein Innovationsprozess bezeichnet, in dessen Rahmen bewusst und zielgerichtet über organisationale, funktionale, geografische oder industriespezifische Grenzen hinweg Wissensflüsse initiiert und für die Entwicklung von Neuem genutzt werden. Dabei kommen unterschiedliche Mechanismen, wie dieses Wissen gefunden wird und wie WissensträgerInnen zusammenarbeiten, zum Einsatz.

Können Sie uns ein Beispiel dafür geben?

Eines der Grundprinzipien von Open Innovation ist das sogenannte “Joy´s law”: No matter who you are, most of the smartest people work for someone else. Also die Idee ist, selbst die größte oder beste Organisation, die viele brillante Köpfe innerhalb ihrer organisationalen Grenzen vereint, kann davon ausgehen, dass es außerhalb Ihrer Organisationsgrenzen deutlich mehr brillante Köpfe gibt, von denen einige unter Umständen genau jenes Wissen besitzen, das zur Lösung eines neuartigen Problems benötigt wird. Sogar eine Organisation wie die NASA setzt beispielsweise seit einigen Jahren erfolgreich Crowdsourcing Methoden zur Lösung ihrer kniffeligsten Problemstellungen ein. Beispielsweise wurde über einen solchen Crowdsourcing Prozess vor einiger Zeit eine neue Möglichkeit gefunden, wie man das Auftreten von Sonneneruptionen zuverlässiger voraussagen kann. Die Lösung kam dabei von einem pensionierten Hochfrequenz Ingenieur, der zuvor weder mit der NASA gearbeitet noch in irgendeiner Form etwas mit Heliophysik zu tun hatte.

Was bezweckt die Initiative Open Innovation in Science?

Ein wesentlicher Aspekt von Open Innovation in Science ist, dass man eine Diskussionskultur auf Augenhöhe zwischen Wissenschaft und Gesellschaft initiiert – genau diesen neuen Weg will die Ludwig Boltzmann Gesellschaft als treibende Kraft hinter dieser Initiative beschreiten. Das heißt auch, dass beispielsweise BürgerInnen direkten Einfluss auf die Entwicklung von Forschungsfragen und Forschungshypothesen nehmen können. Das langfristige Ziel von Open Innovation in Science ist es, Forschungsleistung zu verbessern – im Sinne von „Impact“ und Neuheit. Außerdem gilt es, eine höhere Relevanz von Forschungsergebnissen für die Gesellschaft zu ermöglichen und eine stärkere Verbindung zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu schaffen.

Zur Person:

Marion Poetz ist Associate Professor am Department of Innovation and Organizational Economics an der Copenhagen Business School (CBS) in Dänemark. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt in den Bereichen Innovationsmanagement und Entrepreneurship. Inspiriert durch Phänomene rund um Open Innovation, Crowdsourcing & Co. beschäftigt sie sich mit organisationalen Lernprozessen bei der Identifikation und Integration von unternehmensexternem Wissen für die Entwicklung von innovativen Produkten, Services oder Geschäftsmodellen.

Web: www.cbs.dk/en/staff/mpino

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